Icon Kirche 100x100px

Herz Jesu im Wandel der Zeit

Beweggründe für einen neuen Kirchenbau

Im 19. Jahrhundert, zur Zeit der Industrialisierung, war Pfersee ein so genanntes Handwerker- und Bauerndorf. Die Einwohnerzahlen in Pfersee stiegen während der Industrialisierung in kurzer Zeit sehr stark an. So waren es im Jahr 1850 noch 900 Einwohner, 20 Jahre später bereits 1850 Menschen die dort lebten. Im Jahr 1910 wohnten bereits 11.000 Menschen in dem Dorf. Gründe für die stark wachsenden Einwohnerzahlen war zum einen die Nähe, aber auch die Unabhängigkeit zu der Stadt Augsburg. Zum anderen siedelten sich auch große Firmen, wie Bemberg, Spinnerei Weberei Augsburg und Dierig in Pfersee an. Die große Einwohnerzahl stellte sich für das Dorf Pfersee als ein Problem dar; das Dorf konnte diesem Problem in vielerlei Hinsicht nicht mehr standhalten. Wie zum Beispiel der immer knapper werdende Wohnraum, zu wenig Arbeitsplätze für diese Anzahl an Leuten, großer Verwaltungsaufwand und unter anderem auch eine mittlerweile zu kleine Pfarrkirche, die das Herzstück des Dorfes war. Mit der immer noch steigenden Einwohnerzahl, stieg auch die Anzahl an gläubigen Bewohnern. Von 4700 gläubigen Bewohnern, gingen 2740 Menschen regelmäßig in die Kirche. Allerdings fasste die damalige Pfarrkirche St. Michael nur Platz für insgesamt 700 Besucher.

Da die Kirche für die vielen Menschen zu klein wurde, hatte man den Beschluss gefasst, an die St. Michael Kirche anzubauen. Aus Quellen lässt sich ermitteln, dass eine Vergrößerung der Kirche in Richtung Westen geplant war. Dafür hätte man aber bereits bebauten Wohnplatz nutzen müssen, der aufgrund der immer weiter steigenden Einwohnerzahlen schon sehr knapp war. Um die Finanzierung für einen Ausbau sicherzustellen, gründete der damalige Pfarrer von St Michael Pfarrer Josef Dirr 1892 den Kirchenbauverein. Im darauffolgenden Jahr 1893 verstarb Pfarrer Josef Dirr. Unter dem neuen Pfarrer Anton Schwab wurde der Bau einer neuen Kirche an einem günstigeren Platz beschlossen. Stattdessen wurde zwischen Mai 1895 und März 1907 drei Anwesen für 91.000 Mark in der Augsburger Straße erworben. Ein Vorteil der neuen Grundstücke war die zentrale Lage und somit die Nähe zu den Wohnungen der Gottesdienstbesucher und ebenfalls die Nähe zum Zentrum der Stadt Augsburg. Nachdem am 08.04.1907 die Erdarbeiten begonnen hatten, wurde dann am 07.07.1907 der Grundstein zum Bau der Kirche Heiligstes Herz Jesu durch Generalvikar Göbl gelegt.

Grundriss

Finanzierung des Neubaus

Im Lukasevangelium steht geschrieben: „Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und berechnet die Kosten, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen? Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertigstellen kann. Und alle, die es sehen, würden ihn verspotten und sagen: Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen.“ (Lk 14,28-30) Da auch für den geplanten Neubau einer Kirche in Pfersee nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden waren, beschloss Pfarrer Dirr am 01.06.1892 die Gründung eines Kirchenbauvereins. In diesem Verein waren 67 Personen Mitglied, die einen monatlichen Betrag von mindestens 10 Pfennig bezahlen mussten. So kamen bis zum Jahre 1927, aufgrund der Mitgliederbeiträge und freiwilligen Zuwendungen 45.000 Mark zusammen. Eine andere große Geldquelle für den Neubau waren Spenden. So spendeten zum Beispiel Adelige des bayrischen Königreichs, die von der Pfarrei angeschrieben wurden, aber auch einfache Bürger. Da Augsburg zu dieser Zeit auch eine Industriestadt war spendeten auch die Fabrikdirektoren. Allerdings fielen die Spenden aufgrund einer kritischen Äußerung des Papstes über die Industrie eher gering aus. Pfarrer Schwab schließlich nutze als Geldanschaffung Bettelbriefe. Erst nach einigen Streitereien mit dem Staat konnte er sich eine Genehmigung für ein Jahr einholen und bekam somit 206.000 Mark zusammen.

Die Gemeinde Pfersee selber spendete auch jährlich 500 Mark indem sie ein Anwesen der Pfarrei als Rathaus mietete. Schulkinder mussten für eine Mark selber gebastelte “Bausteine” verkaufen. Es wird vermutet, dass es sich um kleine Ziegelchen aus Lehm handelte. Auch die Klosterschwestern von Maria Stern leisteten ihren Beitrag mit einem so genannten “Vergelt´s-Gott-Blöcklein” und spendeten damit 23.000 Mark. Der Pfarrei fehlte trotz den teils großzügigen Spenden immer noch viel Geld um den Neubau finanzieren zu können. Sie versuchten ihr Glück auch mit der Lotterie, was sich aber eher als Misserfolg darstellet, da die Bewohner von Pfersee zu wenig Geld besaßen um sich Lose leisten zu können. Die Gemeinde kam durch ein “Sammelkirchlein” in verschieden Geschäften auf insgesamt 2700 Mark. Auch setzte die Pfarrei insgesamt zwei Kollekten für den Neubau in allen katholischen Pfarreien der Diözese Augsburg durch und beantragte ebenso zwei Landeskollekten. Durch die Kollekten sammelte die Pfarrei insgesamt 51.740 Mark. Die Gemeinde bekam auch staatliche Zuschüsse, die aber fast ausschließlich für die Kunstwerke in der Kirche benutzt wurden.

1907 bis zum 100-jährigen Jubiläum

Der Bau der Kirche nach den Plänen von Architekt Prof. Michael Kurz begann am 07. Juli 1907 mit der Grundsteinlegung. Am 18. Januar 1908 wurde bereits das Richtfest unter dem Baumeister Hans Pauler gefeiert. Noch einmal ein Jahr später wurde der Kirchturm, der heute der zweithöchste in Augsburg ist, fertig gebaut, die Fenster wurden eingebaut und der Tabernakelaltar wurde fertig gestellt, so dass der erste Gottesdienst am Gründonnerstag 1909 gefeiert werden konnte. Am 29. Mai 1910 wurde die Kirche schließlich von Bischoff Maximilian von Lingg dem Herzen Jesu geweiht. Zu diesem Zeitpunkt war die Kirche noch fast komplett leer. Als einziges waren bereits der Tabernakelaltar, die Apostelfiguren und die Orgel in die Kirche eingebaut. Der nächste Schritt waren die Wandbemalungen im Chorbereich von Christoph Böhner im Jahr 1912. Im selben Jahr begann Professor Theodor Baierl zusammen mit einem seiner Schüler mit dem Kreuzweg, der einmal U-Förmig durch die Kirche geht. Allerdings verzögerte sich die Dauer massiv, da zwischenzeitlich die Finanzierung nicht mehr gesichert war.

1914 kamen dann die Wandgemälde über den Seitenaltären dazu. Zwei Jahre zuvor im Jahr 1912 wurde Msgr. Georg Wagner der neue Pfarrer der Gemeinde, da Msgr. Anton Schwab aus gesundheitlichen Gründen innerhalb des Bereiches der Seelsorge gewechselt hat. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Kanzel in der Kirche fertig gestellt. Sie wurde von Professor Karl Bauer gebaut und war gleichzeitig ein Kriegerdenkmal. In der Zwischenzeit gab es zwei Wechsel für die Position des Pfarrers. Nach einem Wechsel von Msgr. Georg Wagner übernahm Msgr. Peter Balleis. Durch das Bemühen von Peter Balleis konnten nach dem Ende des zweiten Weltkrieges fünf neue Stahlglocken beschafft werden, die an Allerheiligen 1948 geweiht wurden. Nach dem Tod von Msgr. Peter Balleis im Jahre 1951 übernahm Msgr. Ernst Urban die Gemeinde. Die Orgel war zum damaligen Zeitpunkt für die Pfarrei aufgrund von Wartungskosten und Reparaturkosten sehr teuer und so beschloss man die Anschaffung einer neuen Orgel. 1966 begann man dann schließlich eine von Klemens Haindl gestiftete Orgel einzubauen. Ab 1981 wurde die Gemeinde von Msgr. Ottmar M. Kästle geleitet. Als sind eine in den 90er Jahren notwendige Renovierung der Orgel als nicht finanzierbar herausstellte, wurde eine neue Sandtner Orgel eingebaut und im Jahr 1999 eingeweiht.  In der Amtszeit von Msgr. Franz Götz  (2005-2021) konnte der Dachstuhl saniert und das 100-jährige Kirchenjubiläum gefeiert werden.

Seit dem 100-jährigen Jubiläum

Seit 2021 ist Martin Gall Pfarrer dieser Gemeinde. Derzeit steht die notwendige Innenrenovierung dieses Gotteshauses und Denkmals von nationaler Bedeutung an.